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Gemeinde Nordkirchen (Druckversion)

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Einbringung Haushalt

Einbringung des Haushalts der Gemeinde Nordkirchen 2020
„Solider Fortschritt“
am 23.01.2020
von
Bürgermeister Dietmar Bergmann

– Es gilt das gesprochene Wort –

I Einleitung

Sehr geehrte Damen und Herren Ratsmitglieder,
liebe Gäste und Vertreter der Presse,
normalerweise üben wir uns als Münsterländer ja in vorsichtiger Zurückhaltung. Lieber ein Wort zu wenig als ein Wort zu viel. Und angeben liegt schon gar nicht in unserer Mentalität – wir lassen lieber Taten statt Worte sprechen.

Beim Haushaltsentwurf für 2020, den wir heute in die Gremien einbringen, will ich eine Ausnahme machen und die Zurückhaltung ein Stück weit aufgeben. Das ist zwar eigentlich nicht meine Art, aber beim Blick auf die Rahmendaten des Haushaltsentwurfes ist es nun wirklich nicht angemessen, ihre Bedeutung kleinzureden. Für Nordkirchen, Südkirchen und Capelle ist dieser Haushalt von einer Bedeutung, die deutlich über 2020 hinausgeht.

Deshalb,
meine Damen und Herren,
habe ich mir auch erlaubt, heute jedem von Ihnen ein kleines Präsent mitzubringen. Ob Sie das als Briefbeschwerer nutzen wollen, als Buchstütze oder als Erinnerung für geleistete Arbeit auf Ihren Schreibtisch stellen, bleibt natürlich völlig Ihnen überlassen.

Aber:
Politische Ämter – das eines Bürgermeisters genauso wie bei Ratsmitgliedern – sind ja immer Ämter auf Zeit. Und solche Ämter auf Zeit bringen es mit sich, dass es immer auch eine Zeit danach gibt. Ich möchte nun, dass wir alle eine Gedankenstütze mitnehmen können, die uns daran erinnert, wie hoch wir in den Schulden standen. „Bis zum Kinn“ kann man da eigentlich nur sagen, vielleicht auch noch ein Stück weiter.

Wenn Sie auf unserer „Schuldenkurve“ nun ganz nach rechts schauen, sehen Sie da beim Jahr 2020 nur noch einen ganz kleinen Sockel. Im Vergleich mit den Höchstständen 2013 und 2014, als wir mit großen Schritten auf die 30-Mio-Euro-Marke zugeschritten sind, ist nicht viel übriggeblieben. Es bleiben nur noch zwei Kredite mit einem Gesamtvolumen von gut 2 Mio. Euro abzulösen, bei denen wir mit der kreditgebenden Bank in guten Gesprächen sind. Ein kleiner verbleibender Kredit läuft Anfang 2021 aus. Insoweit planen wir beim Blick auf 2021 dann ohne Schulden. Noch mal: Nicht ohne neue Schulden – sondern ohne Schulden insgesamt.

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben das gemeinsam geschafft. Bürgerschaft, Gemeinderat, Verwaltung. Wir haben uns für das Angebot des Lippeverbandes entschieden, unsere Abwasserentsorgung in ihre Hände zu legen, um einerseits die dortigen Fachkenntnisse dauerhaft nutzen zu können und um uns andererseits entschulden zu können. Ich kann natürlich nicht sagen, wie wir in Zukunft diesen Vertrag bewerten werden. Aber aus heutiger Sicht kann ich nur sagen: Für beide Seiten ist das eine sehr, sehr gute Lösung.

Wie gut, das wird vor allem klar, wenn wir knapp zehn Jahre zurückblicken. Am 25. März 2010 haben wir hier den Haushaltsentwurf für das Jahr 2010 diskutiert. Konfrontiert damit, dass wir schon im Jahr vorher alleine auf 4,8 Mio. Euro Liquiditätskredite bei einem Schuldenstand von rd. 23 Mio. Euro zurückgreifen mussten, habe ich damals gesagt, dass das „Ende der Fahnenstange“ erreicht ist. Wir steckten ganz tief in einer finanziellen Krise, die strukturelle und hausgemachte Gründe hatte.

Strukturelle Gründe, weil wir ja auch heute noch mit einer grundsätzlichen Unterfinanzierung der kommunalen Ebene im bundesdeutschen Staatsaufbau, insbesondere in NRW, zu tun haben. Das haben wir hier an vielen Stellen diskutiert und in den vergangenen zehn Jahren hat es an der einen oder anderen Stelle auch Verbesserungen gegeben. Aber das Problem existiert nach wie vor.

Und es gab hausgemachte Gründe, weil wir selbst in unserer Gemeinde zunächst unsere eigenen Hausaufgaben machen mussten.

Das haben wir auch schon vor der Entscheidung in Bezug auf den Lippeverband gemacht. Im Prinzip sind es drei Dinge, die wir auf diesem Weg geleistet haben.

Erstens wissen Sie alle, dass wir in den vergangenen zehn Jahren jeden sprichwörtlichen Groschen drei Mal umgedreht haben.
Zweitens haben wir konsequent Fördermittel genutzt, um beträchtliche Investitionen auf die Beine zu stellen und unsere drei Dörfer zukunftsfähig weiterzuentwickeln.

Und drittens haben wir die Verwaltung Schritt für Schritt auf die neuen, aktuellen und zukünftigen Herausforderungen vorbereitet, was insbesondere auch dank des herausragenden Engagements der Kolleginnen und Kollegen dort gelungen ist.

Auf diesem Weg haben wir in den vergangenen Jahren auch so schon und trotz einer erheblichen Zinslast sehr gute Jahresabschlüsse erzielt. Wir haben entweder Geld überbehalten, weil wir besser gewirtschaftet haben, als das ursprünglich absehbar war, oder wir haben nur wirklich knappe Defizite verarbeiten müssen. Natürlich haben wir von einer stabil guten Wirtschaftslage insgesamt profitiert – aber wir gemeinsam haben auch eine Haushaltspolitik realisiert, die man im besten Sinne als „solide“ bezeichnen kann.

„Solide“ heißt für mich in diesem Zusammenhang, dass wir uns ohne Luftschlösser und Träumereien Schritt für Schritt besser aufgestellt haben. Auch das spiegelt die Schuldenkurve gut wider. Aber der wirklich große Sprung, der ganz massive Fortschritt auf dem Weg der Entschuldung, der kam natürlich durch unsere Zusammenarbeit mit dem Lippeverband.

Daraus erklärt sich dann im Übrigen auch der Titel dieses Haushaltsentwurfs. Die beinahe Schuldenfreiheit unserer Gemeinde als „soliden Fortschritt“ zu bezeichnen, da sind wir dann wieder bei der sprichwörtlichen Zurückhaltung angekommen. Markus Pieper hat diesen Schritt schon im vergangenen Jahr in seiner Haushaltsrede „historisch“ genannt – und ich werde ihm da ganz sicher nicht widersprechen.

Aber der Schuldenstand von Null Euro ist eben auch die Folge einer konsequenten Politik der vergangenen Jahre. Wir haben getan, was wir konnten und uns damit schon Luft verschafft. Wie schon gesagt: Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Und das große strukturelle Defizit konnten wir auch nur mit einer großen Maßnahme bekämpfen.

Insofern: Ich freue mich, Ihnen heute einen Haushaltsentwurf vorlegen zu können, der erstmals nachhaltig die Früchte unserer Entscheidungen zeigt. Und gleichzeitig ist dieser Haushaltsentwurf genauso konsequent wie seine Vorgänger. Denn wenn wir verhindern wollen, dass jemals wieder ein so hoher Berg an Schulden aufgehäuft wird, dann müssen wir auch weiterhin so sparsam wirtschaften wie bisher.

Ich bin mir sicher, dass wir uns da einig sind. Die neue Haushaltslage erlaubt uns, sinnvolle Maßnahmen umzusetzen und Geld auszugeben für Dinge, für die früher keine oder kaum Mittel zur Verfügung standen. Aber wir werden das nur dort tun, wo es sinnvoll, nachhaltig und solide wirtschaftlich darstellbar ist.

Das haben wir gemeinsam im vergangenen Jahr im Übrigen ja schon gezeigt. Die Schulsozialarbeit an den Grundschulen und an der Gesamtschule ist so eine Ausgabe. Genauso die Einstellung unserer Klimaschutzbeauftragten und die Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes.

Das sind im Endeffekt Maßnahmen der Zukunftssicherung. Und eine solche Maßnahme ist natürlich auch der Aufbau einer gesunden Rücklage, mit der wir uns für Zeiten sichern, die vielleicht wieder schwieriger werden. Insofern – und das sehen Sie direkt in den Zahlen des Haushalts: In Zukunft wollen wir möglichst Zinsen bekommen und nicht etwa Zinsen zahlen.

Diese Zukunft spiegelt sich in der Schuldenkurve übrigens doppelt wider. Nicht nur im abrupt sinkenden Schuldenstand. Auch die Entstehung des Modells der Kurve spricht für die Zukunft unserer Gemeinde. Entstanden ist sie nämlich in Zusammenarbeit mit unserem digitalCampus im 3D-Drucker. Insofern können Sie das kleine Präsent als Zeichen dafür sehen, dass wir in Nordkirchen mit zwölf Start-Ups auf dem Digitalcampus und mit der geplanten Realisierung eines Gründerzentrums auch technologisch ganz weit vorne sind.

II Ziele und Strategien

Sehr geehrte Damen und Herren,
der niedrige Schuldenstand, die auslaufenden Zinszahlungen und die Perspektive von Zinseinnahmen – das sind sicherlich die zunächst auffälligsten Veränderungen im Haushalt. Es gibt aber noch einige mehr, u.a. in der Struktur des Haushaltsentwurfs.

Ganz am Anfang finden Sie nun einen Vorbericht, der vor allem die Ziele und Strategien des Entwurfs auf den Punkt bringt. Zu verdanken haben wir diese und andere Neuerungen dem 2. NKF-Weiterentwicklungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen und ich muss sagen: Ich halte das für eine gute Idee, gibt es uns doch die Gelegenheit zu formulieren und schriftlich festzuhalten, worum es uns eigentlich geht. In diesem Fall bedeutet das für uns, dass wir – wie schon gesagt – verantwortungsvoll haushalten wollen, so wie es jeder private Haushalt möglichst auch sollte.

Außerdem wollen wir noch mehr als bisher die Nachhaltigkeit unserer Maßnahmen, insbesondere den Umwelt- und Klimaschutz, in den Mittelpunkt stellen. Die Förderung von regenerativen Energien ist in Nordkirchen nichts Neues, viele Maßnahmen aus diesem Bereich hatten wir bisher schon auf dem Plan.

Der Klimaschutz hat, wie in der Julisitzung des Rates im vergangenen Jahr diskutiert und beschlossen, bereits in der Vergangenheit eine hohe Priorität gehabt. Das heißt aber natürlich nicht, dass wir uns nicht bemühen sollten, in Zukunft noch besser zu werden.

Ich für meinen Teil bin den vielen Schülerinnen und Schülern von „Fridays for Future“ und anderen Initiativen dankbar, dass sie dieses Thema in den vergangenen Monaten ganz weit nach oben auf die Agenda gebracht haben – in Nordkirchen und überall sonst. Und ich freue mich, wenn sich viele Menschen in diesem Jahr in die Fortschreibung unseres Klimaschutzkonzeptes einbringen. Es gibt ganz viele Themen weltweit und vor Ort, die für den Klimaschutz wichtig sind. Ich denke da an die Sauberkeit der Meere und der Luft, an den CO2-Ausstoß von Kraftwerken und vieles andere mehr. Aber ich bin auch davon überzeugt, dass echter Klimaschutz vor unserer Haustür anfängt und es wichtig ist, dass wir alle unseren Beitrag leisten. Dabei ist es wichtig, die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen.

Außerdem,
sehr geehrte Damen und Herren,
wollen wir noch familiengerechter werden. „Noch“ sage ich in diesem Fall, weil wir dieses Thema schon seit Jahren intensiv bearbeiten. Die Attraktivität unserer Kommune wird von vielen Faktoren bestimmt. Aber unsere Angebote für Familien, unsere Strukturen im Bereich der Kinderbetreuung, unsere Schulen und übergreifend die Möglichkeiten, die wir allen Menschen zur Teilhabe am öffentlichen Leben geben – das ist es, was Nordkirchen, Südkirchen und Capelle attraktiv macht. Und dafür nehmen wir auch weiterhin viel Geld in die Hand. Die ehrenamtlichen Strukturen gehören übrigens in den gleichen Kontext, deshalb haben wir bei den Zielen und Strategien die Freiwillige Feuerwehr so hervorgehoben.

Wenn das strategisch gesehen eher die „weichen Faktoren“ sind, dann gibt es natürlich noch die „harten“, nämlich die, die meistens in Stein oder Beton gemeißelt sind. Neubaugebiete, neue Gewerbebetriebe, eine gute Infrastruktur und bedarfsgerechte Mobilität. Auch das sind wichtige Ziele für uns – genauso natürlich wie die Stichworte Hotel und Schwimmbad, zu denen ich nachher noch komme.

III Rahmendaten

Sehr geehrte Damen und Herren,
wie setzen wir diese Ziele also im Haushalt 2020 um? Werfen wir zunächst einen Blick auf die Gesamtsituation.

Bei knapp über 24. Mio. Euro Einnahmen und etwa 23,5 Mio. Euro geplanten Ausgaben kommen wir auf ein ordentliches Ergebnis von 528.260 Euro Plus. Nach den zu zahlenden Zinsen sind es immer noch 341.560 Euro Plus. Wie bereits erwähnt, ist es uns noch nicht gelungen alle unsere Schulden restlos abzulösen. Aber wir arbeiten daran.

In der Finanzplanung haben wir dagegen einen Minusbetrag, weil wir in diesem Jahr in nicht unerheblichem Maße investieren wollen. Auf die Investitionen gehe ich gleich noch gesondert ein, ich will an dieser Stelle nur sagen, dass das als Dauerzustand sicherlich nicht funktioniert, aktuell aufgrund der Liquiditätslage aber möglich ist. Oder um es salopp zu formulieren: Dieses Jahr investieren wir in neues Tafelsilber.

III a Einnahmen

Beim Blick auf die Einnahmeseite fallen keine großen Veränderungen in der Struktur auf. Die Hälfte der Einnahmen resultiert aus Steuern und Abgaben. Bei der wichtigen Gewerbesteuer, die ja starken Schwankungen unterworfen ist, haben wir wie immer vorsichtig und eher konservativ geplant.
Diese Strategie haben wir auch bei der Planung des Anteils an der Umsatzsteuer angewendet. Hierüber bekamen wir als Kommune ja die Kosten der Unterkunft im SGB II teilweise erstattet, uns fehlen aber noch wirklich konkrete Zahlen für das laufende Jahr. Und wir wären der Bundes- und Landespolitik dankbar, wenn sie diese Summen tatsächlich und wie eigentlich versprochen komplett an uns weitergeben würden.

Das ist einer der Punkte, an denen unsere föderale Staatsstruktur jedes Mal an ihre Grenzen kommt – was mit ein bisschen guten Willen eigentlich gar nicht nötig wäre.

Aber wo wir schon bei der Bundes- und Landespolitik sind: Über die Grundsteuer wird in den kommenden Jahren sicherlich zu reden sein. Je nachdem, wie sich die neue Gesetzgebung auf die Bewertungsgrundlagen auswirkt, werden wir hier schauen müssen, ob wir unsere Hebesätze anpassen sollten. Aber wie gesagt: Das ist noch kein Thema, wird aber eines werden.

Ein weiteres knappes Viertel unserer Einnahmen entsteht durch Zuwendungen und allgemeine Umlagen. Bei den Zuweisungen muss man anerkennen, dass das Land uns nicht unerheblich mehr zahlt, was uns natürlich freut.

Hier finden wir zum Beispiel die Mittel für den sogenannten Digitalpakt NRW: 406.000 Euro, die wir für die Erstanschaffung von Endgeräten, für Verkabelung und ähnliches einsetzen dürfen – allerdings nicht für den dauerhaften Unterhalt. Das empfinde ich nach wie vor als schwierig. Wer sich mit moderner Technik beschäftigt, weiß, dass dies mit einem hohen Wartungsbedarf verbunden ist.

Um ein Beispiel zu nennen: Wenn ich ein WLAN-Netzwerk in einer Schule schaffe, dann brauche ich auch jemanden, der sich laufend um das Netzwerk kümmert, der Probleme beseitigt und für Stabilität sorgt. Nach den Regeln des Digitalpakts kann ich also die Anschaffung des WLAN aus diesen Mitteln bezahlen, die Wartung aber nicht. Sinnvoll und ausreichend ist das meines Erachtens nicht.

Letzter Hinweis zur Einnahmeseite: Vom Kreis kriegen wir 398.000 Euro Jugendamtsumlage zurückgezahlt. Das ist der für 2018 zu viel erhobene Beitrag, der uns jetzt erstattet wird. Kritisiert haben wir das schon oft und seit vielen Jahren – weil wir fast jedes Jahr eine Erstattung kriegen. Und ich hoffe, ich langweile Sie nicht, wenn ich diese Kritik erneuere und in das gleiche Horn stoße:

Der Kreis nutzt uns hier als Kreditgeber. Er nimmt von uns Geld, das er nicht braucht und Jahre später zurückzahlt. Dagegen gäbe es ein ganz einfaches Mittel: Einfach mal knapp und sparsam kalkulieren und realistische Vorauszahlungen erheben. Damit wäre uns wirklich geholfen. So machen wir das, so machen das viele andere aus der schlichten Notwendigkeit heraus. Warum also nicht der Kreis Coesfeld?

III b Ausgaben

Sehr geehrte Damen und Herren,
bei unseren Ausgaben ist die wesentlichste Veränderung vermutlich, dass wir kaum noch und bald gar keine Zinsen mehr einkalkulieren müssen. In der Vergangenheit waren das bis zu 900.000 Euro jährlich, die wir nur für den Schuldendienst aufgebracht haben.

Die Personalaufwendungen sind dagegen prozentual auf dem Stand des Vorjahres geblieben. Die reale Steigerung erklärt sich aus den verhandelten Tarif- und Besoldungserhöhungen. Selbst wenn wir wollten, gäbe es daran nichts zu rütteln – und um es ganz deutlich zu sagen: Ich will auch nicht. Die Kolleginnen und Kollegen, die als Beschäftigte oder Beamte für unsere Gemeinde arbeiten, machen einen hervorragenden Job. Und wer gut arbeitet, soll auch gut bezahlt werden. Insofern: Jeden Cent Lohnerhöhung haben sie sich verdient. 

Die deutlichste Steigerung bei den Ausgaben haben wir übrigens bei den Sach- und Dienstleistungen und hier bei den geringwertigen Wirtschaftsgütern. Das ist allerdings eigentlich nur eine buchhalterische Verschiebung. Die Obergrenze für die geringwertigen Wirtschaftsgüter wurde vom Gesetzgeber von 410 auf 800 Euro angehoben. Dadurch tauchen Posten, die bisher als Investition verbucht wurden, jetzt hier auf. Ein Beispiel dafür sind Ausstattungsgegenstände aus der Einfeldsporthalle – früher galten sie als Investition, heute als geringwertiges Wirtschaftsgut.

Kritik am Kreis Coesfeld habe ich ja schon bei den Einnahmen geübt – bei den Ausgaben unsererseits kann ich damit leider auch nicht sparen.

Die Kreisumlage ist um 0,92 Punkte gestiegen. Darüber kann man sich sogar freuen – aber nur, weil vor den Haushaltsberatungen in Coesfeld noch viel Schlimmeres zu erwarten war. Auch wenn gleichzeitig die Jugendamtsumlage sinkt, ist die Mehrbelastung für uns doch deutlich spürbar. Zumal diese Senkung ja nur eine Anpassung an die Realität ist, auf die ständigen Erstattungen zwei Jahre später habe ich ja schon hingewiesen.
Aber unter dem Strich steht für uns: 6,5 Mio. Euro transferieren wir an den Kreis Coesfeld, das sind ca. 250.000 Euro mehr als im vergangenen Jahr. Das ist eine erhebliche Steigerung auf hohem Niveau und ein echtes Problem für die kreisangehörigen Kommunen.

IV Investitionen

Sehr geehrte Damen und Herren,
wie schon angedeutet, ist 2020 für die Gemeinde Nordkirchen ein Jahr erheblicher Investitionen. Und dabei wollen wir das Erfolgsrezept des konsequenten Einwerbens von Fördermitteln auch in Zukunft fortsetzen. Für 2020 hat das besonders gut funktioniert. So konnten wir noch in 2019 für 2020 Landeszuweisungen in erheblichem Maße für die Mobilitätspunkte bekommen, 426.560 Euro, um genau zu sein.

Wir können außerdem Fördermittel für den Umbau des Feuerwehrgerätehauses Nordkirchen und den Buswendeplatz an der Grundschule in Nordkirchen einsetzen, für die Öffnung des Capeller Bachs und für neue Fahrzeuge für den Bauhof. Und dazu kommen natürlich noch die Investitionspauschalen.
Allerdings ist es so, dass diese erheblichen Investitionen für uns auch sinnvoll und notwendig sind. Bei Abschreibungen von ca. 2 Mio. Euro jährlich käme es zu einem Werteverzehr, wenn wir nicht in ähnlichem Maße investieren würden.

Stark vereinfacht heißt das: Sind die Investitionen höher als die Abschreibungen, bauen wir Werte auf. Sind sie niedriger als die Abschreibungen, bauen wir ab. Und was dieses Verhältnis angeht, stehen wir 2020 gut da:

•    Rund 1.320.000 Euro sind für den Erwerb von Grundstücken geplant.
•    Fast 4 Mio. Euro wollen wir für Baumaßnahmen ausgeben.
•    Und ca. 450.000 Euro sind es für den Erwerb von beweglichen Wirtschaftsgütern.

Was bedeutet das im Detail?

Fangen wir mit dem Thema Grundstücke an. Über die Attraktivität unserer Gemeinde habe ich ja schon einiges gesagt. Nordkirchen, Südkirchen und Capelle sind nach wie vor sehr attraktiv für Menschen, die einen Wohn- und Arbeitsort suchen. Deshalb wollen wir in allen drei Ortsteilen Grundstücke kaufen und neue Wohnbaugebiete erschließen und zur Verfügung stellen.

Das klingt auf Anhieb erst mal ganz einfach: Menschen wollen bauen, brauchen dafür Grundstücke und dafür sorgen wir.
Dahinter steckt aber ein sehr komplexer Zusammenhang: Wenn wir unsere Einwohnerzahl in Zeiten des demographischen Wandels halten wollen, brauchen wir Zuzug. Und wenigstens stabile oder bestenfalls sogar leicht steigende Einwohnerzahlen sind die Voraussetzung für gleichbleibende Landeszuweisungen, die wir wiederum brauchen, um unsere Infrastruktur aufrechtzuerhalten.

Sie können sich sicher vorstellen, wie schwierig ein Schrumpfungsprozess für eine Kommune sein kann. Wir haben das im Rahmen des letzten Zensus erleben müssen, wo uns aufgrund der Rechensystematik eine nicht unerhebliche Einwohnerzahl nicht anerkannt wurde. Unser Flächenverbrauch ist also letztlich auch eine Maßnahme zum Selbsterhalt.

Eine letzte Anmerkung noch zum Thema Wohnen: Es muss hier nicht immer um Einfamilienhäuser gehen. Kleine und bezahlbare Miet- und Eigentumswohnungen sind ebenfalls sehr gefragt und auch darum kümmern wir uns.

Sehr geehrte Damen und Herren,
bei den Baumaßnahmen ist auch die Überplanung, der Umbau und die Erweiterung des Rathauses ein Punkt. Mit mittlerweile mehr als 30 Jahren ist sogar der Neubau des Rathauses in die Jahre gekommen. Dazu kommen die doch stark veränderten Anforderungen an modernes Arbeiten.

Um das zeitgemäß gestalten zu können, sind Investitionen hier dringend geboten – auch unter Aspekten des Datenschutzes, der Arbeitssicherheit und in Bezug auf veränderte Arbeitszeitmodelle. Mehr und unterschiedliche Teilzeit, Digitalisierung und Vernetzung, ortsunabhängiges Arbeiten: Darauf ist unser Rathaus noch nicht eingestellt, das wollen wir ändern.

Dazu kommt eine grundlegende energetische Überholung des Gebäudes. Wir haben ja auch das Thema Klimaschutz schon gestreift: Auf dem Weg zu einer so weitgehend wie möglich klimaneutralen Kommune gehört es dazu, sich auch über die eigenen Emissionen Gedanken zu machen. Wir werden im Laufe des Jahres noch weiter über das Rathaus reden und die Verwaltung wird verschiedene Lösungsansätze erarbeiten, auf deren Basis wir dann diskutieren können.

Noch ein Thema, dass uns schon länger begleitet und noch länger begleiten wird: Hotel und Schwimmbad. Für uns als Wirtschafts- und Freizeitstandort wird das eine echte Aufwertung sein. Deshalb bin ich auch froh, dass es nach einer wirklich langen Wegstrecke weitergeht.

Die Ausschreibung für das Aus- und Fortbildungszentrum hat stattgefunden, entsprechende Verhandlungen laufen. Wir als Gemeinde sind jedenfalls vorbereitet: Der Flächennutzungsplan ist geändert, der Bebauungsplan ist in Vorbereitung. Wir haben die entsprechenden Erschließungskosten in den Haushalt eingestellt. Im Zeitplan sind wir natürlich an das Land und seine Planungen zum Fortbildungszentrum gebunden. Aber: Wir kommen voran.

V Weitere Maßnahmen im Detail

Sehr geehrte Damen und Herren,
bevor wir mit der Haushaltseinbringung langsam auf die Zielgerade einbiegen, möchte ich noch auf einige Maßnahmen im Detail eingehen, die mit unseren Investitionen eng zusammenhängen.

Die vor mir stehende Schuldenkurve ist ja in Zusammenarbeit mit unserem digitalCampus entstanden. Der digitalCampus ist eine Erfolgsgeschichte, die meine Erwartungen weit übertroffen hat. Die vorhandenen Büroflächen waren sehr schnell vermietet, der Verein hat zwischenzeitlich seine eigenen Flächen verdoppelt. Jetzt will ein Investor noch ein Gründerzentrum aufbauen und der Verein überlegt, dort noch eine Etage für Start-Ups anzumieten.

Der digitalCampus, das Gründerzentrum, auch die Installation des IoT-Funknetzes durch Unitymedia für das sogenannte „Internet der Dinge“, die ich noch gar nicht erwähnt habe: Für mich sind das alles Zeichen dafür, dass wir Nordkirchen für die Zukunft gut aufstellen. Digitale Technologie ist nicht nur was für Großstädte, vielmehr bringt sie Stadt und Land näher zusammen und beide können dabei ihre Eigenarten behalten.

Bei dieser Entwicklung vorne dabei zu sein, ist die beste Investition, die wir für die kommenden Jahre tätigen können. Und ich bin froh, dass es in unserer Gemeinde so viele engagierte Leute gibt, die wissen, dass die digitale Zukunft nicht unbedingt in Berlin-Mitte oder von mir aus im Silicon Valley gemacht wird. Das Spannende an der digitalen Revolution ist ja, dass es ganz egal ist, von wo sie ausgeht – zumindest so lange schnelles Internet vorhanden ist. Warum also nicht aus Nordkirchen, Südkirchen und Capelle?

Was aber auf dem Land natürlich ganz anders ist als in der Stadt, ist die Ermöglichung von Mobilität. Und Mobilität ist einer der Schlüssel für die Attraktivität der Gemeinde, für den Klimaschutz und aus sozialer Sicht vor allem für die Teilhabe am öffentlichen Leben.

Die vier Mobilstationen, die wir in allen Gemeindeteilen und am Bahnhof in Capelle planen, sind dafür ein echter Meilenstein. Dabei hilft uns neben den Fördergeldern, dass das Münsterland zum „Reallabor“ erklärt wurde. Das heißt: Wir sind quasi ein Testgebiet, um neue Mobilitätsformen auszuprobieren.

Bis alles nutzbar ist, wird es noch eine Weile dauern. Aber meine Vorstellung ist, dass man sich in Zukunft entscheiden kann, wenn man am Bahnhof ankommt, ob man seinen Weg mit einem E-Roller, einem E-Bike oder einem Auto aus dem Carsharing fortsetzt. Ich hoffe, dass wir dann aus verschiedenen Formen umweltfreundlicher Mobilität auswählen und auf einige private Pkw verzichten können, um dorthin zu kommen, wo wir gerne hinwollen. Ich will, dass die Menschen in unseren drei Dörfern davon profitieren können, genauso wie die touristischen und beruflichen Gäste. Ich will, dass wir ein flexibles Angebot schaffen, dass für alle attraktiv ist. Und die Mobilstationen können dafür ein wichtiger Baustein sein. 

VI Schluss

Sehr geehrte Damen und Herren,
der vorliegende Haushaltsentwurf bietet natürlich noch viel mehr Punkte, die es wert wären, hier bei der Einbringung vorgestellt zu werden. Unsere Investitionen bei der Freiwilligen Feuerwehr habe ich nur kurz gestreift, auch was wir im Schulbereich und für die Sportvereine machen, ist hier etwas kurz gekommen.

Ich möchte aber auch unbedingt vermeiden, dass Sie dem Bürgermeister nachher vorwerfen, die langweiligste Haushaltsrede aller Zeiten gehalten zu haben – deshalb möchte ich an dieser Stelle nur sagen: Ich freue mich auf die Diskussionen in den Ausschüssen und auf Ihre Initiativen und Ideen zum Haushalt.

Aus Sicht der Verwaltung darf ich sagen: Wir haben Ihnen einen Entwurf vorgelegt, der wirtschaftliches, nachhaltiges und soziales Handeln in den Mittelpunkt stellt. Ein Entwurf, der mit den doch sehr veränderten finanziellen Rahmenbedingungen unserer Gemeinde verantwortungsvoll und bewusst umgeht. Das war der Auftrag und ich bin überzeugt davon, dass wir das umgesetzt haben.

Das sehen Sie meines Erachtens auch, wenn Sie noch einen Blick auf die geplanten Jahresergebnisse der kommenden Jahre werfen. Wir gehen hier grundsätzlich von positiven Ergebnissen aus, wir sparen, wir legen Geld zur Seite. Und das tun wir nicht, weil wir uns an einem hohen Kontostand erfreuen wollen, sondern weil wir uns auf Unwägbarkeiten vorbereiten, auf eine vielleicht nicht mehr so florierende Wirtschaft oder auf Situationen, an die wir heute gar nicht denken.

Das gehört für mich zur Verantwortlichkeit ganz maßgeblich dazu. Und das ist aus meiner Sicht dann wieder der Rückschluss auf den Titel des Haushaltsentwurfs. „Solider Fortschritt“, wie wir ihn über viele Jahre aufgebaut und erreicht haben, tut unserer Gemeinde gut. Ich darf sagen: Von mir aus kann’s so weitergehen!

Zum Fortschritt gehören aber auch Veränderungen – und zwei besonders wichtige haben wir in der Verwaltung zum 1. Januar 2020 vorgenommen. Wir haben den Verwaltungsvorstand um zwei Personen erweitert und beide möchte ich an dieser Stelle in der neuen und verantwortungsvollen Position kurz willkommen heißen:

Zum einen geht es um Alina Kundt. Die Volljuristin wird ab Mai die Nachfolge von Mechtild Kammert als Leiterin des Fachbereichs 2 Bürgerservice, Familie, Soziales antreten. Und zum anderen ist Manuel Lachmann Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung, Digitalisierung, Klimaschutz und Tourismus geworden und gehört damit genauso dem Verwaltungsvorstand an.

Ich bin froh, dass wir zwei junge, hochqualifizierte Leute aus der eigenen Verwaltung auf diese Art für wichtige Leitungsaufgaben gewinnen konnten. Die Verwaltung und die Gemeinde werden davon profitieren und ich freue mich sehr auf die weitere Zusammenarbeit mit Alina Kundt und Manuel Lachmann!

Sehr geehrte Damen und Herren,
der Haushalt 2020 ist besonders, er ist ein Zeichen unseres soliden Fortschritts. Vielleicht noch mehr als sonst sind in diesem Jahr unsere politischen Steuerungsentscheidungen hier in Zahlen und Tabellen sicht- und greifbar.

Und mit diesem Fazit bleibt mir jetzt nur noch der Dank:

Erstens an den Kämmerer Bernd Tönning und sein Team, für die eine Haushaltsaufstellung natürlich immer die beruflich wichtigste – und vielleicht anstrengendste – Zeit des Jahres ist.

Zweitens den Fachbereichsleitern und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die entsprechende Zuarbeit.

Und drittens Ihnen für die Geduld und fürs Zuhören!

Vielen Dank.

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